Projektion in der Eltern-Kind- Entfremdung (PAS / EKE)
Ein immer häufiger und breiter diskutierter Aspekt der Konfliktentstehung in zwischenmenschlichen Beziehungen ist die sogenannte Projektion. Tatsächlich handelt es sich hier einen unbewussten Abwehrmechanismus, der gerade während Trennung und Scheidung meist bei beiden Elternteilen mehr oder weniger stark beobachtet werden kann.
Was aber genau bedeutet eigentlich Projektion und was sind die Auswirkungen?
Bei der Projektion geht es um ein unbewußtes Übertragen und damit um die Abwehr eines inneren unbewussten Impulses, Wunsches, oder von Emotionen, die – wenn sie als Anteile des eigenen Selbst erkannt würden – Angst, Scham, Schuld nach sich ziehen würden.
Anteile, die ein Elternteil an sich selber nicht wahrnehmen möchte, werden dem Kind oder dem anderen Elternteil unterstellt, in der festen Überzeugung, dieser sei so, wie man ihn wahrnehme. Dies kann beispielhaft so aussehen, dass ein Elternteil die eigene Ablehnung durch den anderen Elternteil als so schmerzhaft empfindet, dass unterstellt wird, dieser lehne das Kind ab. Im ersten Augenblick erscheint dies sinnlos, da die Ablehnung des Kindes ebenfalls als extrem schmerzhaft empfunden wird.
„Licht und Schatten. Man muss durch die Nacht wandern, wenn man die Morgenröte sehen will.“ (Kahil Gibran)
Tatsächlich ist sie aber dadurch, dass sie quasi “eine Stufe entfernt” empfunden wird, leichter zu ertragen, als die direkte eigene Ablehnung. Man kann Mitleid empfinden, anstatt sich selber in Frage stellen zu müssen. Ebenso verhält es sich bei der Projektion auf den anderen Elternteil. Oft wird von einem Elternteil behauptet, der andere sei “eifersüchtig”, “neidisch”, “missgünstig” oder “hartherzig”, nur um die eigenen Gedanken und Empfindungen, die genau diese Emotionen spiegeln, nicht spüren und hinterfragen zu müssen. “Nicht ich selbst habe manipulierende Absichten, sondern der andere Elternteil.”
Die Projektion dient aus Sicht der Psychoanalyse darüber hinaus der Abwehr von Angst und dem Aufrechterhalten des eigenen Selbstbildes, das ansonsten ggf. in Frage gestellt werden müsste und ist daher häufig der Grund für dauerhafte Konflikte in allen unseren sozialen Beziehungen.
Besonders häufig sehen wir dies tatsächlich in der Eltern-Kind-Entfremdung. Sehr oft sind beide Elternteile an der Entfremdung des anderen Elternteils interessiert und wünschen sich, als der “bessere”, “liebevollere“ oder auch “geliebtere” Elternteil gesehen zu werden.
Ich verstehe sehr gut, dass gerade wenn man von seinem Kind vielleicht schon seit Jahren durch den anderen Elternteil entfremdet wurde, es extrem schmerzhaft ist, sich selber an diesem Punkt kritisch hinterfragen zu müssen. Allerdings ist es aus meiner Erfahrung zwingend notwendig, um zu gewährleisten, dass ein neue, respekt- und liebevoll zugewandte Beziehung zwischen Kind und entfremdeten Elternteil aufgebaut werden kann.
Wenn ein entfremdeter Elternteil dies nicht erkennt ist das Risiko, dass das Kind entweder bei einer Wiedervereinigung einfach nur von dem anderen Elternteil entfremdet wird, oder aber sich doch wieder abwendet extrem hoch.
Darum ist es wichtig, dass sich vor allem der entfremdete Elternteil vor einer Wiedervereinigung der eigenen inneren Impulse, Affekte und Glaubenssätze sehr bewusst wird und erkennt, wo auf den anderen Elternteil oder das Kind projiziert wird.
Schreib mir doch in die Kommentare, was deine größte Herausforderung mit deinem Teenager oder Kind war oder ist.
Carolyn Steen – Psychologische Lebensberatung, Coaching, Krisenintervention, Trennungs- und Scheidungsberatung – Im Mittelpunkt des Lebens