Die Bedeutung des “psychologischen” Heilens in der EKE (PAS / Eltern-Kind- Entfremdung)
Psychologisches Heilen bedeutet, dass ich mich zwar an vergangene schmerzliche oder traumatische Erlebnisse erinnern kann, dass ich weiß, wie ich mich damals gefühlt habe, aber keinen aktiven Schmerzkörper mehr habe und der Schmerzkörper auch nicht mehr aktiviert werden kann. Dass ich also nicht mehr an alten Wunden getriggert werden, sondern aus einer Position des Seins heraus handeln kann und darf.
Der Schmerzkörper ist der Teil in mir, der emotionale Schmerzen (durch äußere oder innere Reize ausgelöst) als klar definierbare Körpergefühle und Empfindungen ausdrückt, die wir als unangenehm bis schmerzhaft oder sogar unaushaltbar definieren.
Um psychologisches Heilen zu ermöglichen ist es wichtig den Unterschied zwischen “ich fühle eine Emotion als sehr unangenehmes Körpergefühl” und “ich BIN die Emotion” zu verstehen. Fühle ich die Emotion als Körpergefühl oder Empfindung, kann ich sie beobachten und auch verstehen, dass ich nicht vor Angst, Trauer oder Scham sterben werde. Sobald ich mich mit einer Emotion identifiziere, also glaube, ich SEI eine Emotion (“ich bin traurig” vs. “ich fühle Trauer”) kann ich mich nur noch schwer daran erinnern, dass es sich letztlich nur um Gedanken, Erinnerungen und Körpergefühle handelt, die ich so schwer ertragen kann.
Psychologisches Heilen bedeutet, eine vergangene traumatische Situation aus unter- schiedlichen Positionen betrachten zu können.
Psychologisches Heilen bedeutet, eine Situation, die traumatisch und schmerzhaft war aus verschiedenen Positionen betrachten zu können. Ich “bin” nicht jedes mal wenn ich an die Erfahrung denke in der alten Situation und erlebe den Schmerz so, als würde er mir gerade jetzt zugefügt, sondern ich kann mich selber auch aus der Meta-Position reflektieren und damit den Schmerz ertragen und dann auch gehen lassen, ohne mich damit zu identifizieren. Je häufiger ich mich auf diese Art und Weise – im besten Falle durch gute professionelle Begleitung unterstützt – meinen Traumata nähere und sie aus verschiedenen Perspektiven und Blickwinkeln erkenne, desto gelassener kann ich auch in Situationen bleiben, die mich üblicherweise in meinen alten Mustern und Verletzungen getriggert haben.
Scheidung und Trennung berührt in den allermeisten Menschen die Trennungswunde, die wir alle in uns tragen und die entstanden ist, als wir uns im Alter zwischen 3 und 6 Jahren voll bewusst wurden, dass wir nicht “eins” mit der Mutter, sondern von dieser getrennt, also “allein” sind. Je nach Veranlagung, Charakter, sozialem Umfeld, Lebensbedingungen… ist unsere Antwort und die damit einhergehenden Lösungsstrategien unterschiedliche. In den meisten Fällen funktionieren diese Lösungen allerdings im Erwachsenenalter nicht mehr gut.
Da Eltern-Kind-Entfremdung oft genau diese Wunde berührt ist es meiner Erfahrung nach von unschätzbarem Wert, sich gerne auch mit der Methode des Journaling mit genau diesen Mustern und Erfahrungen tief, sanftmütig und mit viel Respekt zu erforschen und in echte Selbstliebe zu kommen. Dann, wenn man erkannt hat, dass die allermeisten emotionalen Schmerzen, die wir haben, letztlich nur etwas mit uns selber und sehr wenig mit anderen Menschen zu tun haben, kann man klarer, fürsorglicher und auch liebevoll-strategisch für alle Beteiligten zu einer Lösung finden, die vor allem auch für das betroffene Kind heilsam ist. Selbstliebe definiere ich dabei auch als das sanfte und respektvolle Annehmen, dessen wer und was wir sind.
Carolyn Steen – Psychologische Lebensberatung, Coaching, Krisenintervention, Trennungs- und Scheidungsberatung – Im Mittelpunkt des Lebens